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Marktöffnung im Fernverkehr Flixtrain und Westbahn drängen in die Schweiz

Sowohl Flixtrain als auch die österreichische Westbahn würden gerne grenzüberschreitende Zugverbindungen in die Schweiz anbieten. Aber das ist nicht so einfach. Eine Spurensuche.

Eine Lokführerin lächelt aus dem Flixtrain in Hamburg. Zwischen der Hansestadt und Köln verkehrt Flixtrain seit 2018. Foto: Keystone

An Interessenten mangelt es nicht: Mehrere private Bahnbetreiber aus dem Ausland wollen Direktverbindungen in die Schweiz anbieten. Neben Flixtrain hat auch die österreichische Westbahn Interesse, im Fernverkehr eine Anbindung nach Zürich herzustellen. «Das hätte in jedem Fall Charme. Unter anderem würde sich das für die Achse von München über Bregenz nach Zürich anbieten, aber auch eine Verbindung über Innsbruck wäre denkbar», sagt Westbahn-Sprecher Michael Gugusis zum «VerkehrsMonitor».

Die Westbahn macht der österreichischen Staatsbahn ÖBB seit Ende 2011 Konkurrenz – zunächst auf der Strecke zwischen Wien und Salzburg. Mittlerweile reicht ihr Streckennetz bis München und Innsbruck. Ab Dezember will die Westbahn bis Bregenz fahren. Ein grenzüberschreitendes Angebot nach Zürich wäre für das Unternehmen ein logischer Schritt. Konkrete Konzepte gibt es dazu allerdings noch nicht.

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Die österreichische Westbahn hat ihre Züge beim Schweizer Hersteller Stadler Rail gekauft. Foto: Westbahn

Etwas weiter fortgeschritten sind die Pläne bei Flixtrain. Das deutsche Unternehmen arbeitet nach eigenen Angaben mit der Europäischen Kommission an einem Pilotprojekt für eine Verbindung zwischen Zürich und München. «Wir begrüssen die Initiativen der Europäischen Kommission für mehr Wettbewerb auf der Schiene und grenzüberschreitenden Zugverkehr in Europa», erklärt ein Flixtrain-Sprecher. Ein konkretes Datum, ab wann das Angebot zustande kommen könnte, gibt es laut Flixtrain nicht. Ebenso gebe es noch keine Details zu einer möglichen Einbindung in das Schweizer Schienennetz.

EU fordert Marktöffnung

Hintergrund für das gesteigerte Interesse ausländischer Bahnunternehmen ist das 3. EU-Eisenbahnpaket. Die Richtlinie aus dem Jahr 2007 sieht vor, dass ausländische Bahnunternehmen auf eigene Verantwortung grenzüberschreitende Angebote erbringen können. Dabei dürfen sie auch Passagiere zwischen zwei Haltestellen innerhalb des anderen Landes befördern (Kabotage) - solange das nicht der Hauptzweck des Angebots ist. Die EU dringt darauf, dass auch die Schweiz diese Regelung umsetzt.

Das hat die Schweiz aber bislang nicht gemacht: Ausländische Bahngesellschaften dürfen grenzüberschreitende Fernverkehrsverbindungen weiterhin ausschliesslich in Kooperation mit den SBB betreiben. Ein komplett eigenständiges Angebot ist nicht möglich. Der Bundesrat hatte das zuletzt 2021 bekräftigt. Er fürchtet Nachteile für die SBB. «Ausländische Bahnen könnten der SBB lukrative internationale Strecken streitig machen, indem sie bisherige, in Kooperation mit der SBB betriebene Verkehre, in eigener Verantwortung anbieten könnten», heisst es in dem entsprechenden Bericht.

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Auch die SBB selbst spricht sich klar gegen eine Öffnung des Marktes aus. «Das wäre ein Paradigmenwechsel und hätte langfristig schwerwiegende Folgen für das Erfolgsmodell des öV Schweiz», so ein Sprecher.

Die EU will das «Nein» aus der Schweiz aber nicht hinnehmen und erhöht den Druck, indem sie sich bei anderen Themen quer legt. Beispielsweise wolle die EU die Übergangslösung für die vereinfachte Zulassung von Rollmaterial für den grenzüberschreitenden Verkehr nicht verlängern, ohne dass es Fortschritte bei der Öffnung des internationalen Personenverkehrs gibt, so das Bundesamt für Verkehr (BAV).

Politischer Entscheid

Damit ausländische Bahnunternehmen künftig eigenständig in der Schweiz ihre Dienste anbieten dürfen, müsste laut BAV das Landverkehrsabkommen (LVA) angepasst werden. Das ist seit 2002 in Kraft und regelt die Rahmenbedingungen für den grenzüberschreitenden Bus- und Schienenverkehr. Die im 3. EU-Eisenbahnpaket geforderte Marktöffnung hat die Schweiz bislang nicht in das LVA aufgenommen.

Für eine Marktöffnung bräuchte es einen politischen Entscheidungsprozess, so ein BAV-Sprecher. Der Bundesrat müsse die Anpassung des LVA genehmigen. Dabei werde er auch das Parlament einbeziehen. Konkret geht es um eine Anpassung der Zugangsrechte.

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Bis es soweit ist, stossen die Bemühungen der ausländischen Bahnfirmen in der Schweiz auf wenig Gegenliebe. Ihnen bleibt lediglich der bisherige Weg, Verbindungen in Zusammenarbeit mit einem Schweizer Betreiber aufzunehmen. «Die rechtlichen Rahmenbedingungen lassen es heute nicht zu, dass ein Unternehmen mit Sitz im Ausland auf dem schweizerischen Eisenbahnnetz Personenverkehrsleistungen erbringt. Damit Flixtrain in der Schweiz aktiv werden kann, muss das Unternehmen daher eine Kooperation mit der SBB eingehen», so das BAV. Die Züge von Flixtrain würden dann ab der Grenze in der Verantwortung der SBB geführt.

Immerhin einen prominenten Fürsprecher haben die ausländischen Bahnen jedoch in BAV-Direktor Peter Füglistaler gefunden. In einem Interview mit CH Media Anfang Juli hatte er gesagt: «Mit etwas gutem Willen liesse sich Flixtrain problemlos ins Schweizer Netz eingliedern». Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte er wenig später: «Ich bin für Wettbewerb, aber ich bin wohl der Einzige in der Schweiz.» Die Gewerkschaften fürchten hingegen Lohndumping.

BAV-Direktor Peter Füglistaler an einer Bundesrats-Medienkonferenz. Foto: Marcel Bieri (Keystone)

Die Bemühungen, den Markt zu öffnen, haben das Ziel, durch zusätzliche Bahnfirmen für Wettbewerb und damit eine hohe Qualität bei den grenzüberschreitenden Verbindungen zu sorgen. Bislang gibt es auf diesen Strecken keine Alternativen für die Zugreisenden.

Konzepte gibt es bereits

Ideen und Konzepte für eine Marktöffnung liegen seit 2017 auf dem Tisch. Bereits damals hatte der Bundesrat eine teilweise Öffnung des Marktes geprüft - unter gewissen Prämissen. Die damals formulierten Rahmenbedingungen sehen unter anderem vor, dass die ausländischen Bahnbetreiber die branchenüblichen Arbeitsbedingungen einhalten und branchenübliche Löhne bezahlen sowie schweizerische Tarife anerkennen und anwenden, so das BAV.

Bei der Verteilung der Trassen hätten bestehende Angebote sowie der Taktverkehr Vorrang. Damit soll sichergestellt werden, dass keine einheimischen Züge verdrängt werden. Ihre Fahrpläne müssten die ausländischen Bahnen zudem bei der Schweizerischen Trassenvergabestelle einreichen, die ihre Gesuche prüft.

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